Sonntag, 18. September 2011

Die Büchermacher.

Sonntag, 18. September 2011.
Der Chronist. Medienauswertung. (2)
13.9. – 18.9.2011

1. Der Verleger
2. Der Buchhändler
3. Der Lektor

1.
Legendärer Diogenes-Verleger Daniel Keel ist tot
Zürich - Der Gründer des Diogenes-Verlages, Daniel Keel, ist tot. Keel starb am Dienstagmorgen mit 80 Jahren an seinem Wohnsitz in Zürich, wie der Verlag mitteilte. 1952 hatte er den Diogenes Verlag zunächst als Einmann-Unternehmen gegründet. (…)
hpi/dpa/dapd, in: Spiegel online/Kultur, 13.9.2011 http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,786019,00.html (Auszug; Stand: 15.9.2011)


Zum Tode Daniel Keels
Mit Diogenes vom Dürri zur Dörrie

E-Literatur und U-Literatur, für ihn war das kein Widerspruch: Durch einen Anruf von Friedrich Dürrenmatt "stolperte" Daniel Keel in die Großverlegerkarriere - und etablierte mit Diogenes eines der wichtigsten Häuser für deutschsprachige Literatur. (…) Die wichtigste Entscheidung seines Verlegerlebens, erklärte Daniel Keel einmal, musste er selbst nicht treffen. "Wotsch du mi?"(…) Und natürlich wollte der junge Verleger diesen Autor haben. (…) Die Anekdote erzählt viel über Daniel Keel, (…) über sein Understatement, seinen Witz - und über seine Liebe zur visuellen Kunst, zur Malerei eines Matisse genauso wie zur Zeichnung und zum Comic. Sie war es auch, die ihn in die Verlegerei stolpern ließ - "stolpern": Das Wort ist von ihm. Als Keel 1952 die makabren Cartoons von Ronald Searle auffielen, drängte es ihn, daraus ein Buch zu machen, und so gründete er seinen Verlag, den er nach dem Spötter unter den griechischen Philosophen benannte. Diese Namensgebung wirkte wie eine befreiende Intervention (…) Und hatte er sich einmal für einen Autor entschieden, so blieb er ihm treu. (…)

Weyandt, Hans Jost, in: Spiegel online/Kultur, 13.9.2011
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,786073,00.html (Auszug; Stand: 15.9.2011)



KOMMENTARE:
15.09.2011, 22:13
derverleger. Freude, nicht Spaß ...
Registriert seit: 15.09.2011
Beiträge: 1

"Er tut gern, was er tut; das ist das Geheimnis seines Erfolges."
Dem kann man nur zustimmen. Leider steht heutzutage viel mehr die Karriereplanung anstatt Freude am Tun in der Prioritätenliste des beruflich Erstrebenswerten an erster Stelle. Karriereplanung: Ein Wort, das verboten gehört, weil es nicht nur keinerlei Freude enthält, sondern auch keine bringen kann. Etwas gern tun heißt immer auch, Hindernisse zu überwinden, für seine Idee zu kämpfen.
Menschen, die ihren Beruf als Berufung sehen und etwas mit (tiefer) Freude und nicht nur aus(oberflächlichem) Spaß tun, scheinen im wahrsten Sinne des Wortes im Aussterben begriffen zu sein.
Das macht die Trauer über den Verlust noch ein Stückchen größer. Auch wenn ich Herrn Keel gar nicht kannte. http://thoni-verlag.blogspot.com/


2.
Buchhandlung als sozialer Ort
Abwanderung der Kunden ins Internet und Verlagerung aufs E-Book-Lesen, eine Renaissance der Buchkunst und Finanzierung über Kleinkredite – gestern Abend wurde in der Hannoveraner Buchhandlung Litera über die rasanten Veränderungen im Buchhandel diskutiert.
Werden die Buchhandlungen schließen? Hildegard George ist skeptisch, ob ihre kleine, aber feine Stadtteilbuchhandlung Litera in Hannover in ein paar Jahren noch gebraucht wird. „Ich hatte vor, die Amazon-Kartons zu zählen, die sich kurz vor der Altpapier-Abholung in unserer Straße finden“, sagte sie gestern ihren mehr als 60 Gästen, „aber das hätte mich zu sehr deprimiert.“ (…)
„Das gedruckte Buch hat seinen Zenit als Leitmedium schon lange überschritten.“ (…) (1)
„Buchdruck und Buchkunst werden eine Renaissance erleben.“ (…) (2)
„Für die Attraktivität eines Stadtteils spielen Buchhandlungen eine große Rolle (…) wenn dort Leser wohnen.“ (3)

Meyer-Arlt, Regine, in: Diskussion zur Zukunft des Sortiments,
http://www.boersenblatt.net/455926 , 15.9.11 (Stand: 15.9.2011)


Zitate
(1), (2): Bert te Wildt, Psychotherapeut mit Schwerpunkt Medienabhängigkeit
(3): Alexander Rudnick, Politologe und Marktforscher


3.
18.09.2011/Die Sonntagsfrage
Vom Lektor zum Contentmanager: Kappen Sie jetzt Ihre Wurzeln, Herr Müller?


(F)
Der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) hat bei seiner Jahrestagung in Berlin gestern über das Thema „Contentmanagement – die Zukunft des Lektorats“ diskutiert. Ist das wirklich der richtige Weg? Und wollen das Lektoren überhaupt: Content managen anstatt Inhalte auszuwählen und zu redigieren?

(A)
Ob der Begriff der Gipfel sprachlicher Eleganz ist, kann man sicher bezweifeln. In gewisser Weise sind Lektoren allerdings schon seit langem auch „Contentmanager“. Wir bearbeiten ja nicht nur Texte sprachlich, sondern sind in vielerlei Hinsicht in das Verarbeiten von Inhalten eingebunden; wir kooperieren kreativ mit Autoren und Redakteuren, entwickeln Konzepte, aktualisieren die Inhalte von Sachbüchern und vieles mehr. Übrigens sprechen wir auch vom „Content Development“.
Das mag nicht in allen Ohren wie Musik klingen, stellt aber klar, dass wir nie nur organisatorisch, sondern stets vor allem publizistisch arbeiten wollen. In jedem Fall sind wir uns darüber im Klaren, dass uns die neuen Technologien vor spannende Aufgaben stellen. Es geht nicht nur darum, unsere EDV-Kenntnisse zu erweitern – sondern um einen grundlegenden Wandel in den Produktions- und Marketingprozessen. (…)
(Dirk Müller ist Inhaber des Lekorats Interkorrektor in Braunschweig und Pressesprecher des VFLL.)

Quelle: Die Sonntagsfrage, http://www.boersenblatt.net/456031, 18.09.2011 (Auszug; Stand: 18.9.2011)
Anmerkung: F/A wurden zur Verdeutlichung vom Chronisten hinzugefügt.


1 Kommentar/e

DerVERLEGER. 18.09.2011 21:39h  http://thoni-verlag.blogspot.com/
Nicht der Gipfel sprachlicher Eleganz? Hm. Ist das nicht die originäre Aufgabe eines Lektors? Sich um den sprachlichen Feinschliff eines Textes zu kümmern? Aber ein Contentmanager hat für sowas Banales vermutlich keine Zeit, was allerdings nur zu verständlich ist: Er muss ja zunehmend publizistisch tätig sein. Wahrscheinlich wird er mittelfristig im Rahmen anzustrebender Synergieeffekte publizistische und publizierende Tätigkeiten vereinen und Autoren weitgehend substituieren können. Was für grandiose Aussichten! Was für ein unglaubliches Einsparpotential in Zeiten knapper Kassen! Da liegt wirklich noch einiges an Development undeveloped herum, das zu developen sich lohnte! Und überhaupt: Zu viel Sprache ist sowieso zu anstrengend und stört die crossmediale Schnellstverwertung von Content.
Alles klar?!
Ich frage mich nur: Was hätte Daniel Keel wohl zu Contentmanagern in seinem Verlag gesagt?

Mit kopfschüttelnden Grüßen, weil
hoffnungslos hinterwäldlerisch und von vorgestern:
DerVERLEGER.

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