Dienstag, 13. September 2011

Denken Sie sich halt was aus.

Freitag, 9. September 2011, nachmittags.
Die Autorin. Verlagsgespräche. (1)


(Ein Reihenendhaus am Rand von Frankfurt. Schreibstube unterm ausgebauten Dach. Bücher allüberall. Ein Schreibtisch. PC, zwei Monitore. Handy.)

Smoke on the water ...

Annabelle Chanson (nimmt ab): Ja?

Lektorin: Guten Tag, Anne. Wir müssten mal ein paar Dinge besprechen.

AC: Ich dachte, der neue ist draußen?

Lektorin: Ja, ja, alles bestens. Die Auslieferung läuft auf vollen Touren, und die Vorbestellzahlen sind ja wirklich ordentlich. Sogar kleinere Läden haben ganz gut geordert.

AC: Das freut mich.

Lektorin: Ja, wir haben aber diesmal auch wirklich ein gutes Marketingkonzept.

AC: Aber?

Lektorin: Ja, also … Bitte, dass Sie mich nicht falsch verstehen, Anne. Aber ich bin ja nicht allein im Verlag. Und es war schon etwas schwierig dieses Mal, den Titel so durchzusetzen.

AC: Der Vorgänger erscheint in der vierten Auflage! Die Anzahl der Leser steigt von Band zu Band!

Lektorin: Ähm, nun … Für den Moment mag das noch stimmen. Man muss aber auch sehen, dass wir einen wirklich hohen Aufwand betreiben, um die Bücher am Markt zu positionieren.

AC: Könnten Sie mir endlich mal sagen, was los ist?

Lektorin: Wir kennen uns ja schon eine Weile, und das ist ja nicht das erste Buch, das wir zusammen machen. Und es geht auch gar nicht um die Leidenschaften. Das läuft schon alles ganz gut.

AC: ABER?

Lektorin: Sie kennen vielleicht die Kitty-Krimis?

AC: Ja …

Lektorin: Ich sage es ungern: Aber die haben Verkaufszahlen, da können wir nur davon träumen. In der letzten Vertreterkonferenz kam daher die Idee auf, eine ähnliche Serie auch in unserem Verlag zu etablieren. Die Regionalkrimis boomen derzeit wie verrückt. Und die Prognosen in diesem Segment sind hervorragend, während bei den historischen Romanen doch eher … nun ja.

AC: Ach.

Lektorin: Seien Sie bitte nicht enttäuscht. Aber ich glaube, dass wir für Ihren nächsten Roman nicht mehr dieses Werbebudget zur Verfügung haben werden. Natürlich hängt das auch von den endgültigen Verkaufszahlen ab, aber mittelfristig werden wir den Programmschwerpunkt wohl eher auf den Kriminalroman mit regionalem Bezug legen.

AC: Sagen Sie bloß, Sie haben diese Kitty-Autorin eingekauft?

Lektorin: Leider nein. Aber wir brauchen was Ähnliches, das aber auch genügend unterscheidbar ist, dass die Leute Lust haben gerade diese neue Serie zu lesen.

AC: Und da dachten Sie an mich?

Lektorin: Schwierig, ich weiß. Es ist auch nicht geplant, die Leidenschaften einzustellen. Die Verkaufszahlen sind ja derzeit noch ganz gut. Aber vielleicht könnten Sie außerdem noch was für die Zielgruppe der Kitty-Leserinnen schreiben? Ich dachte an einen Band pro Jahr, ca. 400 Normseiten, weibliche Heldin, am besten eine Kommissarin mit dem gewissen Etwas. Auf jeden Fall viel Lokalkolorit. Vielleicht mit der Location Frankfurt?

AC: SIND SIE VERRÜCKT? Ich schreib doch nicht über die Stadt, in der ich wohne!

Lektorin: Die Stadt ist ja eigentlich egal. Es kann auch eine bestimmte Gegend sein.

AC: Allgäu und Eifel sind schon vergeben.

Lektorin: Sie machen es also? Bis wann könnte ich das Exposé und eine erste Leseprobe haben?

AC: Zur Messe?

Lektorin: Ja, gut. Wenn Sie mir vorher schon, gern auch formlos, eine Grundidee übermitteln könnten? Das wäre prima! Ich könnte dann intern schon mal avisieren …

AC: Und welches lokale Setting hat man intern so im Auge - außer Frankfurt? Damit ich nicht wieder fünfmal umdisponieren muss?

Lektorin (lacht): Sie sind die Schriftstellerin. Denken Sie sich halt was aus!

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