Samstag, 31. Dezember 2011

Resümee - Ausblick.

Samstag, 31. Dezember 2011 (abends).
Der Verleger. Tagebucheintrag. (14)


Genauso gern wie ich zwischen den Jahren arbeite, ziehe ich am letzten Tag des Jahres mein persönliches Resümee und fantasiere ein bisschen rum, was das neue Jahr wohl bringen wird. Dieses Jahr bin ich arg spät dran mit dem Resümieren; was wohl damit zu tun hat, dass Silvester so arbeitnehmerunfreundlich liegt, dass der Jahreswechsel gar nicht auffällt. Wochenende halt. Wobei ich zugebe, dass mir das an Weihnachten zupass kam. Es gibt keinen Tag im Jahr, an dem es so frustrierend ist, allein in der Bude zu hocken wie Heilig Abend. Aber ich hab`s auch diesmal geschafft … einen guten Wein, ein gutes Buch … und früh ins Bett. Erster Feiertag ist dann Erholung pur.

Wie jedes Jahr auch dieses Jahr mein persönliches Spielchen: Was fällt Dir als allererstes ein, wenn Du das Jahr Revue passieren lässt? Dieses Mal ganz klar: Meine nicht ganz im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte getätigte Entscheidung, einen Verlag ohne Bücher zu gründen! Im Rückblick: vollkommen gaga! Jetzt hab ich das Ding fast vier Monate am Backen, und nichts als … ja, was eigentlich? Ich habe keine Ahnung, was mich da geritten hat. Gut, zugegeben: Berti geht seitdem öfter mal wieder mit zu Willi, aber das hätte ich womöglich auch anders hingekriegt. Ganz ehrlich: Ich würde die ganze Sache am liebsten vergessen … wäre da nicht Ad, der an diesem Konstrukt, warum auch immer, offenbar einen Narren gefressen hat. Und dieser Rudi Ratmich oder so, der nimmermüde wird, irgendwelche Stories über das nichtexistente Lektorat und die nicht existenten Autoren samt deren nicht existenten Bücher über die nichtexistente Pressestelle des nichtexistenten Thoni-Verlags zu veröffentlichen.

Also mein erster Wunsch fürs neue Jahr: Dass dieser Alptraum endlich in die ewigen Jagdgründe eingeht. Gut, ich könnte den Laden abmelden, aber ich muss gestehen: Ich hab ihn ja gar nicht angemeldet. War geflunkert. Alles nur ausgedacht. Tja, jetzt ist es heraus: Der Verlag ohne Bücher existiert nicht! Und, Asche auf mein Haupt, ich hatte nicht mal die Idee, zumindest nicht allein … Das Ganze war das Resultat eines äußerst albernen Abends bei Willi. Ich hatte ein paar Bier zuviel und keine Lust nach Hause zu gehen. Willi war allerdings auch nicht so gut drauf. Kommt ja selten vor, aber an dem Abend hatten sich zwei gefunden. Ich hab mich dann beklagt, dass Berti nie mehr Zeit hat, weil er ständig Bücherstapel räumen muss. Und dann sagt Willi: Tja, es müsste halt einfach Verlage geben, die keine Bücher rausbringen, und dann hätte der liebe Berti keine Stapel, die er räumen muss. Und ich Depp, benebelt wie ich war, meinte begeistert, das sei ja die Lösung überhaupt, und dann haben wir noch ein paar Bier getrunken und es war ziemlich lustig, und ruck zuck war der Verlag gegründet. Und das hat der Rudi Ratmich mitgekriegt, der an einem der folgenden Abende da rumsaß und in allem eine Story wittert. Na ja, auch zugegeben: Es hat schon gebauchpinselt, drei Minuten lang wichtig zu sein.

So, jetzt ist es raus. Aber dann hatte ich alles allein am Wickel, denn Willi will davon nix mehr wissen. Sagt, dass es noch nie gut gewesen sei, im vollen Kopp Ideen zu haben und sie nüchtern nicht nur noch zu wissen, sondern auch umzusetzen. Schön dämlich und nur dadurch zu toppen, dass man das alles einem Journalisten erzählt. Vielleicht kriege ich das Ding ja im neuen Jahr irgendwie gecancelt.

Zu mehr Resümee reicht`s nicht, sonst komme ich zu spät. Also nächster Punkt: Ausblick. Ich freue mich, wenn am Montag Berti seinen Laden aufmacht … Er hat mir gesagt, dass er ein paar richtig gute Bücher aufgetan hat. Ich werde im Ohrensessel lümmeln und mal reinlesen. Falls ich rechtzeitig aus dem Büro komme! So, Schluss. Ich muss zu Willi. Werner wollte auch kommen. Würde mich wirklich freuen. Der gefällt mir gar nicht, der alte Junge! Aber vielleicht kriegen wir ja einen guten Jahreswechsel hin. In diesem Sinne: Auf ein Neues!

Nase voll.

30. Dezember 2011.
Der Chronist. Medienauswertung. (9)


Nach Piraterie im Internet. Schriftstellerin schreibt nicht mehr

Die Schriftstellerin Etxebarría hat die Nase voll. Weil im Internet mehr Kopien ihrer Werke heruntergeladen als Werke verkauft werden, sucht sie sich nun eine neue Arbeit.

Die spanische Schriftstellerin Lucía Etxebarría hat aus Protest gegen Piraterie im Internet ihre literarische Karriere bis auf weiteres aufgegeben. Von ihren Werken würden mehr illegale Kopien im Internet heruntergeladen als reguläre Exemplare verkauft, erklärte die 45-jährige Autorin.
"Ich werde für längere Zeit keine Bücher mehr veröffentlichen, bis diese Situation sich geändert hat", kündigte die Schriftstellerin in einer bei Facebook veröffentlichten Erklärung an. "Mir steht nicht der Sinn danach, drei Jahre lang wie eine Verrückte für nichts an einem Werk zu arbeiten. Wenn ich Romane verschenken will, lasse ich Kopien für meine Freunde anfertigen."
Sie werde sich nun einen Job suchen. "Ich kann nicht den Rest meines Lebens von Luft leben."

Etxebarría hatte in Spanien eine Reihe wichtiger Auszeichnungen erhalten, unter anderem die Nadal- und Planeta-Literaturpreise. Mehrere ihrer Werke wurden ins Deutsche übersetzt, unter anderem der Roman "Beatriz und die himmlischen Körper".

Quelle: n-tv, Panorama (dpa), 20.12.2011,
http://www.n-tv.de/panorama/Schriftstellerin-schreibt-nicht-mehr-article5044131.html , Stand: 30.12.2011

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Ein Hoch der literarischen Langsamkeit.

29. Dezember 2011.
Der Chronist. Medienauswertung (8)


Frankfurter Allgemeine Zeitung. Feuilleton. Interview.
Zukunft der Buchbranche. Es bleibt kein Stein auf dem anderen (Auszug)

Die wichtigste Neugründung auf dem deutschen Buchmarkt ist Hanser Berlin. Elisabeth Ruge, die das Programm verantwortet, und Hanser-Verleger Michael Krüger verraten im F.A.Z.-Gespräch ihre großen Pläne.

Michael Krüger: Mittlerweile kommen achtzig Prozent aller literarischen Neuerscheinungen und Sachbücher aus drei Konzernen: Holtzbrinck, Bertelsmann, Bonnier. Diese Konzerne verfügen über eine enorme Distributionskraft. Sie stehen einem Buchhandel gegenüber, der nach wie vor - zumindest in Teilen - individualistisch denken muss. Es gibt insgesamt maximal vierzig bis fünfzig Titel pro Saison, die wirklich durchgesetzt werden können. All die andere enorme imaginative Anstrengung kann nicht entlohnt werden. Das heißt, da sitzt jemand und arbeitet und arbeitet, und wenn er nicht auf dieser Lichtung angekommen ist, wo die Sonne scheint und jemand sagt, der ist preiswürdig und gut, bleibt es dunkel um ihn. Andererseits ist diese Imagination ja da, sonst würden die Leute nicht schreiben. (…)
Es gibt viele drängende Fragen im Buchgeschäft. Und bei deren Beantwortung muss man schnell sein, damit man dem Fortschritt nicht immer von hinten in den Nacken guckt. Die Frage lautet: Wo steht ein mittelständisches Unternehmen wie wir in zehn Jahren?

Wagen Sie eine Antwort?

Krüger: Ich glaube - etwas zitterig - schon, dass wir in zehn Jahren noch Bücher machen, aber man wird eben von Seiten der Autoren, von den Agenten gefragt, was tut Ihr eigentlich, um mein Buch im Netz zu verbreiten? Wir müssen auch da Antworten geben. (…) Denn das Interessante ist ja, dass sich die Produktionsbedingungen, die Produktionsmittel und die Plattformen der Distribution zwar radikal ändern, aber was auch täglich zunimmt, ist das Bewusstsein, dass sich Imagination nicht darin erschöpft, dass ich einen Computer anmache und der Welt mitteile, wie es mir heute früh geht. Anders kann ich mir die weltweite Zunahme an ernsthafter Literatur nicht erklären.

Elisabeth Ruge: Das Netz bietet natürlich eine riesige Möglichkeit. Es können dadurch einfach sehr viel mehr Menschen partizipieren, schneller mit Texten auf Ereignisse reagieren, und das persönlicher und dialogischer. Zugegeben: Auf vieles davon könnte die Welt auch verzichten. Aber wenn einige Beschränkungen der physischen Herstellung und Distribution wegfallen, kann gerade das auch Raum schaffen für großartige Texte. (…) Aber durch die Zunahme der schieren Menge von Texten im Netz gibt es auch ein Bedürfnis nach Differenziertheit, nach Strukturierung, nach Wertung, also nach einem Programm, wo die Bücher in einem Verhältnis zueinander stehen. So dass man den Lesern - aber auch den Autoren - das anbietet, was vielleicht das Kostbarste ist, was man als Verlag machen kann: nämlich eine Art Struktur in die Welt der Texte zu bringen.

Im Herbst 2012 erscheint das erste Programm. Wie viele Titel wird es haben?

Krüger: Zehn. Eine schöne Größe. So können wir unser verlegerisches Vorhaben abbilden, sind aber noch klein genug, um konzentriert zu sein.

Eine Hälfte Belletristik, die andere Sachbuch?

Ruge: Genau. Auch hier bildet sich das ganze Spektrum ab: Es gibt Romane, aber auch einen Erzählungsband und einen Lyrikband. Im Sachbuch große Abhandlungen zur Geschichte und Soziologie neben Essays. Und neben großen etablierten Autoren wird es auch Debütanten geben.

Gibt es auch schon ein Büro in Berlin?

Ja, und es befindet sich am für mich besten Ort der Stadt - an der Kreuzung Friedrichstraße/Kochstraße bzw. Rudi-Dutschke-Straße, also am Checkpoint Charlie. Da liegt hinter einem die Topographie des Terrors, vor einem das Springer-Hochhaus und auch das Jüdische Museum, links geht’s zum Gendarmenmarkt und rechts nach Kreuzberg hinein.

Die Idee des in Großbritannien, Amerika und Australien ansässigen Bloomsbury Verlags, zu dem auch der Berlin Verlag gehört, ist es, vor allem solche Bücher zu machen, die überall auf der Welt gehen. Wäre es nicht sinnvoll, dass sich angesichts der Konzerndominanz im Buchmarkt unabhängige Verlage in Europa oder sogar darüber hinaus zu einem Netzwerk zusammenschließen?

Krüger: Das wird sicher kommen, und das wäre auch sinnvoll. Vor zehn, zwölf Jahren haben wir mit einigen europäischen Verlagen so etwas angedacht, aber damals war die Zeit wohl noch nicht reif. Es gibt zwar den sogenannten internationalen Markt, und der funktioniert ja auch immer besser, aber es gibt eben auch große lokale Unterschiede. Nicht jedes in Paris preisgekrönte Buch findet auch hier Leser. Die großen politischen Strukturen in Europa berühren nicht unbedingt den nationalen Geschmack. Gerade im Sachbuch sind die Unterschiede erheblich.

Es ist in den vergangenen Jahren viel über Ihre Nachfolge spekuliert worden, Herr Krüger. Was sagen Sie selbst dazu?

Krüger: Ich habe so viele Jahre Arbeit, so viel Herzblut und so viel Energie in diesen Verlag gesteckt, dass ich natürlich ein Auge darauf haben will, was und wer nach mir kommt. Auch, weil ich die Verträge unterschreibe und unseren Autoren Kontinuität zusichern will. Ich möchte die Synchronisierung der verschiedenen Verlagsaktivitäten noch zu einem Abschluss bringen, so dass alles klappt und funktioniert. Wir müssen die ganzen Fragen des elektronischen Publizierens bis zu einem gewissen Punkt klären und entscheiden, ob wir da eher Avantgarde oder Nachläufer sein wollen. (…)

Ruge: Es ist allen klar, dass wir vor unglaublichen Umwälzungen stehen. Da ist es wichtig, dass es Leute gibt, die das Schiff ruhig und sicher steuern und dadurch für Kontinuität sorgen. Natürlich wünsche ich mir, dass Michel Krüger möglichst lange bleibt. In gewisser Weise ist er ja einer der letzten Repräsentanten einer verlegerischen Tradition.

Krüger: Eins ist sicher: In den nächsten Jahren bleibt kein Stein auf dem anderen. Die Branche erlebt eine Umwälzung, wie sie noch keiner gesehen hat. Da ist es wichtig, dass man Markierungssteine hat. Deshalb glaube ich auch, dass so ein Verlag, so lange es noch geht, in einer Welt, die sich neu mischt und die einen anderen Geist hervorbringen wird, von dem keiner weiß, wie er aussieht, Orientierung bieten muss. Ob sich das dann ökonomisch noch rechnet, weiß keiner.

Wenn Sie eine einzige Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten - welche wäre es?

Krüger: Was wir uns als Buchmacher nur wünschen können, ist, dass der Verlangsamungsprozess beim Schreiben, beim Herstellen eines Buches so lange wie möglich langsam bleibt. Dass es im Mahlstrom etwas Vorbildliches gibt, was nicht auf Knopfdruck, von jetzt auf gleich geht.

Ruge: Was man gern erreichen würde: Ein Gefühl für die Qualität dessen zu erhalten, was langsam entsteht.

Das Gespräch führte Felicitas von Lovenberg.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, faz.net (Auszug) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/zukunft-der-buchbranche-es-bleibt-kein-stein-auf-dem-anderen-11580780.html vom 26.12.2011, Stand: 29.12.2011

Dummnasen.

Donnerstag, 29. Dezember 2011 (nachmittags).
Der Verleger. Tagebucheintrag. (13)


Zu keiner Zeit des Jahres bin ich lieber im Büro als an diesen seltsam stummen Tagen, an denen morgens kein Verkehr herrscht, in den Häusern wenig Licht ist und im Büro alles Elektronische im Winterschlaf zu sein scheint. Der eMail-Kasten: leer, na ja, fast. Handy und Festnetz: stumm. Herrliche Ruhe, einen guten Kaffee nicht nur zu kochen, sondern genussvoll und heiß zu trinken. Kein Chef, der rumnervt, keine Kollegen, die ständig irgendwas fragen, brauchen, haben wollen. Den ganzen Tag lang Zeit haben, keine Hetze, kein Smalltalk, keine Besprechungen, Konferenzen, Absprachen. Herrliche Zeit, den Schreibtisch aufzuräumen, alles wegzuschaffen, was noch übrig ist vom alten Jahr, um dann unbelastet ins neue zu starten. Und endlich, endlich abends mal wieder mit dem Gefühl heimgehen, alles geschafft zu haben.
Es ist wie ein Saunagang im finnischen Winter: Erst graust es einen, bei dem Mistwetter überhaupt rauszugehen, während alle anderen in der warmen Bude hocken, aber hinterher fühlt man sich wohl und erfrischt, und: rundherum gut. Ich freue mich jetzt schon über die Dummnasen, die verkatert am 2. Januar einlaufen und überhaupt nicht verstehen können, wie man – auch noch freiwillig! – zwischen den Jahren arbeiten kann.

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Mut im Sortiment.

18. Dezember 2011.
Der Chronist. Medienauswertung. (7)


Wie viel Mut braucht man eigentlich als Neugründerin, Frau Graß?

"(…) Tatsächlich fiel der Begriff 'mutig', als ich in meinem Bekanntenkreis erzählte, ich würde mich im Buchhandel selbstständig machen. Nicht nur Amazon und das Internet schlechthin als Mitbewerber zu wissen, sondern auch die Prognosen für den Buchhandel insgesamt können einem die gute Laune schon einmal verderben. Aber ich empfinde mich gar nicht als besonders mutig. Ich kämpfe ja nicht gegen das Internet an, sondern nutze es durchaus auch für meine Zwecke: Angefangen vom Onlineshop, der demnächst auf meiner Site installiert wird, lese ich Buchbewertungen bei Amazon, bin auf Einslive.de unterwegs und verlinke auf Youtube zu den Buchtrailern der Verlage. Deswegen betrachte ich das Internet keineswegs als Feind, sondern nutze es, um optimal informiert und mit meinem Kunden stets auf Augenhöhe zu sein. Schließlich sind heute auch viele Kunden ja vorab ja schon bestens informiert ...

Wenn man mich fragt, was sich für mich jetzt ändert und wo meine Kompetenzen liegen, dann antworte ich: Meine kommunikative Ader wird nun so richtig aktiviert! Ich habe ein umfangreiches Netzwerk: Ich kenne Menschen, die in ihrer Freizeit Bücher schreiben und gerne daraus vorlesen, die Bilder malen und sie gerne in meinem Schaufenster präsentieren möchten, die ein Instrument spielen und sich vorstellen können, an einem verkaufsoffenen Sonntag ein bisschen zu spielen. Die Seifen produzieren und sich auf einen Wohlfühlabend in meinem Laden freuen. Die Weine vertreiben und sich anbieten, eine Weinprobe zwischen Büchern zu gestalten ... (…) ich möchte hier ganz neue Akzente setzen, etwa mit Autorenlesungen und vielen Events. (…)"

Eva-Maria Graß (48) absolvierte nach ihrem Abitur 1983 eine Ausbildung als Buchhändlerin. Ihre Berufserfahrung sammelte die gebürtige Lennestädterin in Südwestfalen in mehreren Buchhandlungen. Zum Jahreswechsel übernimmt sie in Hilchenbach (ca. 15.500 Einwohner, NRW) die Buchhandlung Edgar Prein.

1 Kommentar/e
1.Derry Verleger 24.12.2011 01:12 hwww.facebook.com/thoni.verlag
"Ich kenne Menschen, die in ihrer Freizeit Bücher schreiben und gerne daraus vorlesen, die Bilder malen und sie gerne in meinem Schaufenster präsentieren möchten, die ein Instrument spielen und sich vorstellen können, an einem verkaufsoffenen Sonntag ein bisschen zu spielen. Die Seifen produzieren und sich auf einen Wohlfühlabend in meinem Laden freuen. Die Weine vertreiben und sich anbieten, eine Weinprobe zwischen Büchern zu gestalten ... In den vergangenen zehn Jahren hat in Hilchenbach das kulturelle Leben etwas brach gelegen, ich möchte hier ganz neue Akzente setzen (...)"
Genau so kann es funktionieren, und genau das ist die meiner Meinung nach richtige Antwort auf amazon & Co! Viel Glück und Erfolg mit dem neuen Laden!

Quelle: Boersenblatt.net, http://www.boersenblatt.net/466568, Die Sonntagsfrage (Auszug), 18.12.2011, Stand: 18.12.2011

Freitag, 23. Dezember 2011

Eine stinknormale Leichensache. (3)

Donnerstag, 22. Dezember 2011.
Bei Willi vor der Ecke. Kneipengespräche. (8)


Werner: Ich bin nach dem Mittagessen allein hingefahren.

Verleger: Hm.

Werner (schaut sein Glas an): Die Bibliothekarin wusste auch nicht viel. Nur dass er früher Schriftsetzer war. Hätte viel Spaß in seinem Job gehabt, bis er outgesourct wurde. Dann hätte er es mit einer Detektei versucht, sei aber gescheitert. Danach diverse Aushilfsjobs, dann die Frau abgehauen. Zuletzt hätte er eine Art Recherche für irgendwen gemacht. Hätte ein großes Geheimnis drum gemacht und nie einen Namen genannt. Hätte sogar die Hoffnung gehabt, im neuen Jahr von der Stütze wegzukommen. Ein, zweimal in der Woche sei er in die Bücherei gekommen und hätte sich Bücher ausgeliehen. Keine besonderen Vorlieben. Ihren Kaffee habe er gemocht. Und sie hätten gequatscht, soweit es für sie während der Arbeit möglich gewesen wäre. Belanglosigkeiten. Er sei manchmal etwas anstrengend gewesen, aber im Grunde eine Seele von Mensch. Dann hätte sie ihn längere Zeit nicht gesehen, weil sie krank war. (schaut den Verleger an) Sie wusste nicht mal, wo er wohnt und wie er mit Nachnamen hieß. Aber als ich mich verabschiedete, hat sie gefragt, wo er beerdigt wird.

Verleger: Wenn ich`s recht überlege: So schlecht ist mein Job dann doch nicht.

Werner: (Befingert sein leeres Bierglas, sieht zur Theke. Sieht auf den Tisch, betrachtet das Bierglas.) Eine ganz normale Nullachtfünfzehn-Leichensache! Alltagsgeschäft. Macht mir wirklich nicht das Geringste aus. (schüttelt den Kopf) Stirbt der da einfach so beim eMail-Schreiben.

Verleger (schweigt)

Werner (schweigt)

Verleger: Ich hasse Weihnachten.

Werner: Hm.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Eine stinknormale Leichensache. (2)

Mittwoch, 21. Dezember 2011.
Bei Willi vor der Ecke. Kneipengespräche. (7)


Werner: Wir haben also die Tür aufgebrochen. Und dann hockt der da vorm Computer. Im Jogging-Anzug, den Kopf auf der Tastatur. Beziehungsweise das, was noch davon übrig war. Vom Kopf, meine ich. Und drüber schweben die Kästchen von einem Uralt-Bildschirmschoner über den Monitor. (schaut zum Fenster hinaus) Stell dir vor: Der war noch bei Facebook eingelockt. Und mitten beim eMail-schreiben. Der ist da einfach weggestorben, online, sozusagen. Und keiner hat`s gemerkt.

Verleger: Das ist nicht schön.

Werner: Ein Glück für uns, dass der die Heizung noch nicht angestellt hatte. Pech für ihn, sonst hätte sich vielleicht doch früher mal einer beschwert, wegen dem Gestank. (sieht den Verleger an) Tja, was soll ich sagen? Eine stinknormale Leichensache war das! (lacht) Im wahrsten Sinne des Wortes. Und deshalb versteh ich nicht, warum der mir einfach nicht mehr aus dem Kopf geht: Wie er da sitzt und einfach tot ist und keinen juckt`s. Eigentlich wär ich schnell fertig gewesen; es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass da irgendein Fremdverschulden zu ermitteln wäre. Herzinfarkt, Schlaganfall, was weiß ich. Also, das Routineprogramm: Leiche untersuchen, nachschauen, ob womöglich irgendwer in der Wohnung war, ein, zwei Nachbarn befragen. Ein bisschen gestöbert im Facebook-Account, kleiner Check auf der Festplatte, kein Password, keine Sicherung, nix. Und die eMail? Bin nicht richtig schlau draus geworden, es ging um irgendwelche Recherchen, und der wollte wohl unbedingt irgendeinem, der sich Der Chronist nennt, was mitteilen. Auf den ersten Blick hörte sich`s dramatisch an. Aber als ich dann ein bisschen mehr gelesen habe, war mir klar: Das ist wirklich nichts von Belang. Tja. Eigentlich wär`s das dann gewesen. Pietät verständigen, Leichensache schreiben, ab damit zur Staatsanwaltschaft, finito. (trinkt einen Schluck. Schweigt.)

Verleger (trinkt einen Schluck. Schweigt.)

Werner: Niemand in diesem ganzen verdammten Haus konnte mir irgendetwas über den Toten sagen, außer, dass er von Hartz IV lebte. Dass seine Frau vor Jahren weg ist. Und dass da nie irgendjemand mal aufgetaucht ist, keine Besuche, keine Familie, nichts.
Na ja, und dann hab ich die Telefonnummer angerufen, die auf einem Zettel stand, der auf dem Wohnzimmertisch lag. Eine Frau, die in der örtlichen Bibliothek arbeitet. Älterer Jahrgang, kurz vor der Rente. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass das irgendwen irgendwie berührt, dass der tot war. Obwohl sie ihn auch nicht näher gekannt hat.
Meine Kollegin hat mir einen Vogel gezeigt. Es sei völlig überflüssig, da hinzufahren. War es auch. Es gab nichts mehr zu ermitteln: die Sache war glasklar: Natürlicher Tod aus ungeklärter innerer Ursache. Eine stinknormale Leichensache halt.

(Forts. folgt)

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Eine stinknormale Leichensache. (1)

Dienstag, 20. Dezember 2011.
Bei Willi vor der Ecke. Kneipengespräche. (6)


Der Verleger sitzt am Stammtisch. Werner kommt herein, nickt Willi zu, lässt sich auf den leeren Stuhl gegenüber vom Verleger fallen. Willi bringt kommentarlos zwei Bier.

Werner: Kommt Herr Buchmann auch?

Verleger: Heute nicht.

Werner: Hm.

Verleger (prostet ihm zu): Spuck`s endlich aus.

Werner: Wie?

Verleger (grinst): Was!

Werner (befingert verlegen sein Bierglas, trinkt einen Schluck): Ist nicht wirklich der Rede wert. Und eigentlich versteh ich es auch nicht.

Verleger (schweigt)

Werner (stellt das Bier ab, schaut aus dem Fenster in die Nacht): Seit Jahr und Tag guck ich mir die ekligsten Leichen an: Erhängte, Erschossene, Erstochene, und dass die manchmal schon wieder lebendig werden, bis wir sie finden, das ist nun auch nix Seltenes.

Verleger: Wieder lebendig?

Werner: Sorry. Die Maden halt.

Verleger: Hm.

Werner: Das hat mir nie irgendwas ausgemacht. Nicht ein einziges Mal in all den vielen Jahren. Ich bin heim, hab mich umgezogen und geduscht, und gut war`s.

Verleger: Und jetzt macht`s dir was aus?

Werner (zuckt die Schultern): Stell dir vor, Anne hat mir gemailt.

Verleger: Was hat das mit den Maden zu tun?

Werner: Sie will, dass ich ihr neuestes Elaborat begutachte. Einen echt witzigen Krimi. Mit echt witzigen Leichen. Und einem ausgesucht superwitzigen Mörder. (trinkt einen Schluck) Und einer geradezu aber-witzigen Ermittlerin. Und obendrauf ein schwuler Kommissar. Edel, witzig und gut. Und das mitten im Odenwald.

Verleger: Ist doch witzig.

Werner: Es KOTZT mich an!

Verleger (grinst): Warum sagst du nicht einfach Nein? Den Ehefrieden kann`s ja nicht mehr belasten.

Werner: Das einzige Mal, dass Anne ein Nein von mir akzeptiert hat, war die Antwort auf ihre Frage, ob ich was dagegen habe, dass wir die Wohnung verkaufen. Wie sollte ich.

Verleger: Nun sag`s endlich.

Werner: Was?

Verleger: Der witzige Krimi und der schwule Kommissar sind nicht das Problem, oder?

Werner (trinkt das Bier aus. Befingert den Tisch) Ich versteh`s einfach nicht. Das ist doch verrückt! Ich mach das so lange, und dann …

Verleger (schweigt)

Werner: An dem Tag, als du mich hier getroffen hast … morgens: Anruf einer erbosten Frau bei der Polizeistation. Sie hätte jetzt den Kanal voll. Der Scheißkerl von obendrüber würde seit Wochen rund um die Uhr den Fernseher laufen lassen. Ob die Polizei nicht mal was unternehmen könnte. Sie hätte schon `zig mal geklingelt und sogar gegen die Decke gehauen, und jetzt wolle sie den anzeigen, wegen Ruhestörung. Weil er das Ding nicht mal nachts abschalten würde. Na ja, so laut war`s gar nicht. Hat sich sonst auch keiner beschwert von den vielen nebendran und drumherum. Und dann sind wir halt rein.

(Forts. folgt)

Dienstag, 20. Dezember 2011

Eine spannende Aufgabe.

Donnerstag, 15. Dezember 2011.
Bei Willi vor der Ecke. Kneipengespräche. (5)


Spätabends. Werner sitzt am gleichen Tisch wie am Vortag. Der Verleger kommt rein.

Verleger (setzt sich): Schön, dich zu sehn.

Werner (nickt, schaut zur Theke): Willi – zwei Pils!

Willi (ruft zurück): Na, das haste noch drauf wie früher!

Der Verleger und Werner grinsen. Warten, bis das Bier kommt.

Verleger: Wann habt Ihr Euch denn getrennt?

Werner: Ist schon fast zwei Jahre her.

Verleger: Bei mir dreieinhalb.

Werner: Tja, die Zeit vergeht.

Verleger: Hm.

Werner: Dein Sohn …

Verleger: Sagt zu meinem Nachfolger demonstrativ Papa und mag mich im Augenblick nicht so leiden.

Werner: Nicht schön, was?

Verleger: Das gibt sich.

Werner: Und der Job?

Verleger (grinst): Zwei Stufen auf der Karriereleiter rauf und der Chef ist der gleiche Dösbattel wie vorher.

Werner: Na, meiner ist ganz o.k.

Verleger: Aber?

Werner: Was, aber?

Verleger: Es ist nicht Anne, warum du plötzlich abends hier Bier trinkst, stimmt`s?

Werner: Anne und ich sind – wie sagt man so schön – gute Freunde geblieben.

Verleger: Beneidenswert.

Werner: Na ja, mir wär` lieber, sie würde mich einfach in Ruhe lassen.

Verleger: Hat sie …?

Werner: Gutsituiert wiederverheiratet, gehobenes Reiheneckhaus, immer noch ohne Kind. Und endlich die erfolgreiche Schriftstellerin, die sie immer werden wollte.

Verleger (grinst): Deine Anne? Tatsächlich?

Werner (nickt): Ich sag`s dir: Du würdest sie nicht wiedererkennen. Neue Frisur und zehn Kilo abgenommen. Dafür aber ganz dick im Geschäft.

Verleger (neugierig): Ach? Und in welchem Genre?

Werner (seufzt): Das willst du nicht wirklich wissen.

Verleger: Warum? Schreibt sie etwa Vampirstories?

Werner: Angefangen hat sie mit nun ja … Liebesromanen. Seit einiger Zeit meint sie, Krimis wären auch nicht schlecht.

Verleger (lacht): Lass mich raten: Du musst als Fachlektor herhalten?

Werner: Ehrlich gesagt, konnte ich mit ihrem Geschreibsel noch nie viel anfangen. Und mir wär`s wirklich mehr als recht, wenn sie mich davon verschonen würde. Aber was mache ich? Kaum sind wir geschieden, lasse ich mich breitschlagen, ihre neuesten Kreationen auf inhaltliche Mängel bezüglich Polizeiarbeit durchzusehen.

Verleger: Eine spannende Aufgabe.

Werner: Spannend? Enervierend! Endlose Diskussionen, warum es nun doch nicht so geht, wie es eigentlich richtig wäre und überhaupt. Na ja, ich geb`s zu, beim letzten Werk war ich dann nicht ganz so beflissen. Hab einfach gesagt, es sei ok und gedacht, dass das sowieso keiner merkt.

Verleger: Und jetzt hat`s doch einer gemerkt.

Werner: Offensichtlich.

Verleger: Sie schreibt aber nicht unter ihrem Namen, oder?

Werner: Nö. Musste einen Eid schwören, dass ich nichts verrate.

Verleger: Womöglich hab ich schon ein Werk von ihr gelesen, ohne es zu wissen?

Werner: Seit wann liest du Krimis?

Verleger (grinst): Wenn Berti mir einen empfiehlt.

Werner (überrascht): Der alte Buchmann hat den Laden immer noch?

Verleger: Noch, ja. (schaut zur Tür, lacht): Wenn man vom Teufel spricht!

Berti (kommt zum Tisch, schaut Werner an): Einen schönen guten Abend! Sie waren ja lange nicht mehr hier.

Werner (nickt, steht auf, gibt ihm die Hand.) Es freut mich Sie zu sehen, Herr Buchmann.

Verleger: Willi – drei Bier!

Weihnachtsblues.

Mittwoch, 14. Dezember 2011.
Bei Willi vor der Ecke. Kneipengespräche. (4)


Später Abend, nur wenige Plätze sind besetzt. Am Fenster, allein am Tisch: ein Mann, mittleres Alter, untersetzt, Stirnglatze, in Gedanken versunken. Vor ihm ein leeres Bierglas.

Der Verleger (bleibt vor dem Tisch stehen, lacht): Ja, glaub ich`s! Was machst du denn hier?

Mann (schaut erschrocken auf, stutzt. Grinst verlegen): Und was machst du hier?

Verleger: Hast du vergessen, dass das mal unsere Stammkneipe war, du Fahnenflüchtler?

Mann: Ist schon ein Weilchen her, was?

Verleger: Jupp! (deutet auf einen leeren Stuhl): Was dagegen, wenn ich mich setze?

Mann (grinst): Was, wenn ich Ja sage?

Verleger (setzt sich): Zu spät. (ruft in Richtung Theke): Willi – mach mal zwei Pils!

Mann: Sag bloß, du bist immer noch regelmäßig hier?

Verleger: Allerdings. Eine Freude im Leben muss man ja haben als Ex-Mann.

Mann (überrascht): Ihr habt euch getrennt?

Verleger: Hm.

Mann: Tja.

Verleger: Ich denk schon fast nicht mehr dran.

Mann: Und der Kleine?

Verleger: Spielt inzwischen Playstation.

Mann (verlegen): Ist wirklich `ne Weile her, ja.

Verleger: Und du? Immer noch im Feindesland jenseits des Mains auf Mörderjagd?

Mann: Hm.

Verleger: Und was hat dich ausgerechnet heute an unsere alte Wirkungsstätte verschlagen?

Mann: Ich dachte, es wäre mal wieder an der Zeit.

Verleger: Hm.

Warten schweigend aufs Bier.
Einige Minuten später. Willi bringt zwei Pils.


Verleger (prostet dem Mann zu): Auf alte Zeiten!

Mann: Auf alte Zeiten, ja.

Beide trinken, stellen das Glas ab. Schweigen.

Mann: Wie lange ist das eigentlich her, seit wir hier saßen und drauf und dran waren, die Welt aus den Angeln zu heben?

Verleger: Gefühlte drei Generationen.

Mann (lacht)

Verleger: Wie geht`s deiner Frau?

Mann: Exfrau.

Verleger: Oh.

Mann: Tja.

Verleger: Weihnachtsblues?

Mann: Dafür ist`s zu lange her.

Schweigen. Der Mann trinkt das Bier aus, winkt Willi.

Verleger: Lass mal! Bist eingeladen.

Mann (steht auf): Na dann.

Verleger: Morgen Abend, gleiche Zeit?

Mann (nickt). Warum nicht. Bis dann.

Verleger: Bis dann, Werner.

Sonntag, 18. Dezember 2011

Wie genial ist das denn.

Freitag, 18. November 2011
Der Chronist. Social-Media-Erkenntnisse (4)


Facebook/Kommentar von Derry Verleger auf der Seite http://www.facebook.com/leanderwattig
Mittwoch, 28. September 2011
(Chronistierung, Stand: 28.09./18.11.2011)


Leander Wattig Das gedruckte Buch ist eine Brückentechnologie.
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Elle Voráčová
meine Rede....
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Nikola Hahn Nein, das gefällt mir nicht. Deshalb kein Button.
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Tom Orgel Jep. Zum Schließen von Wissenslücken.
Mittwoch um 16:53 • Gefällt mirGefällt mir nicht mehr • 2 Personen

Tom Orgel Und natürlich zum Überbrücken von Wartepausen.
Mittwoch um 16:54 • Gefällt mirGefällt mir nicht mehr

Tom Orgel Mal ernsthaft - ist nicht jede Technologie eine Brückentechnologie?
Mittwoch um 16:55 • Gefällt mirGefällt mir nicht mehr

Tom Orgel http://www.youtube.com/watch?v=eB7tvD8JcJc
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Uwe Matrisch Grins. Wir sind auf einer Brücke, die so lang ist, dass wir von dem einen Ufer noch Überlieferungen kennen, die uns sehr fern vorkommen und das andere Ufer können wir noch nicht erahnen.
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Artus Daniel-Hoerfeld Meine Bücher gibt es nur gedruckt. Basta!
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Tom Orgel Ach, ich verschließe mich keinem Medium. Wie lautet die alte Weisheit: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
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Ina Fuchshuber hehe, und ich bin ein Hybrid---
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Petra van Cronenburg Und vor allem sandfest, extrem stabil und hoch stapelbar, wenn man Brücken daraus konstruiert, dei auch bei Stromausfall noch befahren werden sollen ;-)
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Kirk Spader Wer sagt, dass man Kindles nicht stapeln kann?
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Simonetta Salita ‎*Schmunzel*, diese Technologie hält sich ja nun schon ein paar Jährchen^^! LG ;-)
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Miguel Silva-Höllger Ich gehe weiter. Forder die Abschaffung von Schreibschrift. Jawoll!
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Artus Daniel-Hoerfeld Teufel! Unhold! Zurück in den Abgrund der Hölle mit Dir!
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Michael Kilger Das Buch wird bleiben. Die Fotografie hat ja die Malerei auch nicht abgeschafft.
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Kirk Spader Stimmt, die Buchdruckerei hat ja die ganzen handschriftlichen Bücher auch nicht abgeschafft;-)
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Derry Verleger Ha! Wie genial ist das denn? Endlich der passende Slogan für mein geniales Produkt! Und noch dazu aus berufenem Munde! Da hüpft doch das papierfreie Verlegerherz :)))
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(30. September um 13.49)

Ursula Donner Auf einem amerikanischen Blog habe ich einen guten Vergleich gefunden: Das gedruckte Buch wird zu einer Nische ähnlich wie Kerzenlicht. Letzteres ist etwas Besonderes, doch elektrisches Licht ist einfach praktischer, braucht weniger Platz und ist schneller verfügbar. In einer Zeit, in der Ressourcen immer knapper werden, können nicht ganze Wälder abgeholzt werden für Bücher, die anschließend zu Klopapier verarbeitet werden. Hört sich jetzt krass an, ist aber leider so. Es werden Unmengen an Büchern eingestampft.
30. September um 17:16 • Gefällt mirGefällt mir nicht mehr

Artus Daniel-Hoerfeld TOD ALLEN E-BOOK USERN!
ASBLNDWENN (Aktionsbündnis Strom Beim Lesen Nein Danke Weil Echt Nicht Nötig)
1. Oktober um 15:53 • Gefällt mirGefällt mir nicht mehr

Michael Kilger ‎@Ursula: Mag sein - aber ich könnte mit einer viel kleineren Papiertonne auskommen, wenn ich nicht die Werbung - die zwar nicht in meinem Briefkasten erwünscht ist - da entsorgen müsste.
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Samstag, 17. Dezember 2011

Fantasie.

Dienstag, 15. November 2011
Die Autorin. Meine kleine Gedichtesammlung. (7)


Worte
Ziehen
Gedanken
Wagen
Gefühle
Tragen
Flügel
Fliegen
Sagen
Orte

Freitag, 16. Dezember 2011

Schlüsselprozesse.

Donnerstag, 1. Dezember 2011.
Der Verleger. Tagebucheintrag. (12)


So gern ich ja über Berti und die Bücher schreibe, und so strikt, wie ich mir vorgenommen habe, nicht auch noch hier den Tag mit Gedanken über meinen frustrierenden Broterwerbsjob zuzukleistern – DAS muss raus!

Schon vor einiger Zeit hat man uns mitgeteilt, dass demnächst (mal wieder!) eine Umorganisation ins Haus stehe, natürlich zu unserer aller und der Sache unermesslichem Vorteil. Insbesondere, so das Credo, sei es wichtig, dem Betriebsgebilde einen identitätsstiftenden Rahmen zu geben, will heißen: wir werden dem Zeitgeist entsprechend corporatet identitiert. Kaffeegetränkt und semmelsatt strömte nach der Frühstückspause heute die gesammelte Meute vom Pförtner bis zum Chef in den großen Besprechungssaal, in dem ein crossmediales Mehrgängemenue auf uns wartete: Als Aperitif ein bedeutungsschwangeres Grußwort des Chefs und die Vorsuppe ein Feuerwerk aus powerpointierten Kästchen, Pfeilchen und Kringeln, die sich im Hauptgericht zu einer Komposition aus Flipchart-Botschaften mit Wölkchen drumherum und bunten runden Moderationskärtchen zu gut abgehangenen Flussdiagrammen mit einer gedünsteten Beilage aus gutmenschelnden Fotolia-Fotos zusammenfanden. Als Nachtisch gab`s die Aussicht auf diverse Workshops, in denen wir aus der operativen Ebene unsere Sichtweisen einbringen sollen. Na ja, ich fasse das Ergebnis mal zusammen: Das, was wir täglich tun, wird in Zukunft alles anders formuliert und dann läuft das Schlechte weiter wie gehabt und das Gute schafft man großteils ab, weil das nicht mehr in die zu erstellende Prozesslandkarte passt. Bedarfserschließungen werden durchgeführt und Schnittstellen werden erarbeitet, innerhalb der Prozesse zwischen den Schlüsselprozessen, wobei  Schlüsselprozess, so hab ich`s in meinem minderbemittelten Hirn jedenfalls verstanden, wiederum eine Formulierung für das ist, was wir seit Jahr und Tag schon machen, nur wird das eben in diesen noch zu installierenden Workshops neu erarbeitet, flussdiagrammatisch visualisiert und anschließend von der Basis bis zum Management durchnivelliert.

Ach ja, und die Kundenkommunikation soll ebenfalls analysiert und optimiert, das heißt dergestalt ausgerichtet werden, dass das, was wir jetzt schon verdrehen, in Zukunft noch etwas eleganter verdreht werden kann, damit sich die Kunden nicht ganz so verarscht vorkommen, was man unter das Rubrum strategische Entwicklungszielentwicklung subsumiert. Und das Malen nach Zahlen, will heißen: Die Entwicklung eines einheitlichen, den tieferen Sinn Ihrer Organisation spiegelndes und dem Identifikationsbedürfnis des Personalkörpers Rechnung tragendes Symbol in Form eines adäquaten Logos, soll in einem weiteren Arbeitskreis initiiert, in abteilungsübergreifenden Workshops konzipiert und durch die Einrichtung von Qualitätszirkeln feinjustiert werden, selbstverständlich unter Einbeziehung Ihrer sozialen und arbeitsökonomischen Bedürfnisse und innovativ-kreativen Ideen.
Angesichts solcher Aussichten kann man ja gar nicht anders als abgrundtief begeistert zu sein! Und damit das so bleibt, hat sich der Chef den unverzichtbar wertvollen Blick von außen geholt. Serviert wurde das Menue nämlich von einer typischen, sorry, Kommunikationstussi, die aussah, als würde sie den Heiligen Abend mit einem 120-seitigen Powerpointvortrag einläuten. Die war so verliebt in ihre Strategien, dass ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass sie auf den Tisch steigt und den Beamer küsst. Und unser Chef erst! Kaum wiederzuerkennen!
Wir freuen uns, dass wir für diese wegweisende Aufgabe eine ausgewiesene Fachfrau gewinnen konnten. Frau Dr. Libeskinnt, mit „Doppel-Enn“ und einem „Tee“ (witzisch, witzisch, Cheffe!) wird uns und Sie durch diesen spannenden Prozess begleiten und sicherlich wertvolle Impulse geben.

Immerhin hat sie es fertiggebracht, den gesamten Betrieb für den Rest des Tages lahmzulegen, denn nach dem genialen Vortrag war an Arbeiten natürlich nicht mehr zu denken. Aber wenn ich ehrlich bin: Es sprießt schon, das zarte Pflänzchen der neuen Corporate Identity: Der Depp aus der zweiten Etage, der inzwischen wahrscheinlich 4300 Facebook-Freunde hat, meinte auf dem Weg zurück in die Büros: Tja, ja, du liebes Kind: Da kommt ein schöner Scheiß auf uns zu! Und alle haben losgegrölt. Sogar die schüchterne Tippse aus der 1. Etage, 3. Büro links, von der ich mir nie den Namen merken kann. Wenn das so weitergeht, trinken wir nach dem Workshoppen demnächst alle  ein Bier zusammen!

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Blubberndes Heiapopeia.

18. November 2011.
Der Chronist. Medienauswertung. (6)


Buchbranche Großartig! Verstörend!! Ja!!!

Kaum ein Roman ist so schlimm wie das Gedröhn seines Klappentexts. Sind wir wirklich von drastischen, sezierenden, dichten Meisterwerken umgeben, die alle ihresgleichen suchen?
Früher, als die Buchproduktion noch kein Karussell war, von dem die Werke ernsthafter Autoren im Dreimonatsrhythmus heruntergeschleudert wurden, um Platz für neue Sensationen zu schaffen, früher also, da sollte der Klappentext eines Romans den Käufer (also: Leser) darüber informieren, was in dem Buch drinsteht. Wie heute gab es komplizierte und weniger komplizierte Bücher. Den Käufern der komplizierten Bücher durfte man durchaus auch einmal einen Klappentext zumuten, der nicht umgehend dazu führte, dass man sich vorkam wie in einer Dauerwerbeschleife.
Ein ganz zufällig gewähltes Beispiel: Martin Walsers Roman Jagd, erschienen 1988 als Hardcover. Der Klappentext verläuft komplett über die vordere und hintere Lasche. (…) Vom Lektor geschrieben, möglicherweise gar vom Autor selbst.

23 Jahre später. Die Herbstvorschauen liegen auf dem Schreibtisch. Gute Bücher darunter, ganz bestimmt, von den Verlagen gepriesen in einer Sprache dunkelster Marketinghöllen. In der Gier nach allgemeiner Verkäuflichkeit, in der Hoffnung auf einen Bestseller, in der Angst, bloß keinen einzigen potenziellen Käufer zu verschrecken, greift der Großteil der Verlage ausgerechnet auf dem Gebiet der Literatur, wo sprachlicher Eigensinn, Individualität, Randständigkeit gefragt und gewünscht sind, nach Versatzstücken von blubberndem Heiapopeia. (…)

Liebesgeschichten beispielsweise sind immer zart, poetisch, von poetischer Kraft oder auch verstörend. Verstörend sind sie dann, wenn sie nicht gut gehen, und wo geht die Liebe schon einmal gut? Kaum ein Buch ohne das Drama einer großen Leidenschaft, den Reigen wilder erotischer Begegnungen und hasserfüllten Streit. Verstörend kann im Übrigen alles sein. Der Leser will, so scheint man zu glauben, in allererster Linie stets verstört werden (…)

Streng darauf geachtet wird auch, dass die Bücher kein Leck haben, weswegen sie dicht zu sein haben, am besten auch noch atmosphärisch dicht (aber trotzdem lakonisch). Dorfromane haben Konjunktur; allerdings nur, wenn sie im Kleinen die Frage nach den ganz großen Dingen stellen. Dann werden sie nämlich zu Parabeln. Zu tief anrührenden Parabeln über das Leben und die Liebe, das Schreiben und den Tod.

Bekanntermaßen ist der durchschnittliche Buchkäufer weiblich und die durchschnittliche Frau zumindest an Emanzipation interessiert. Da liegt es auf der Hand, dass Frauenfiguren stark, aber auch verletzlich sein müssen. Wenn eine junge Frau ihren Debütroman veröffentlicht, ist es von entscheidender Bedeutung, dass er einerseits einer Generation eine Stimme gibt, andererseits aber auch in tragikomischer Suada einen kühl sezierenden Blick auf unsere Gesellschaft wirft. Man kann sich einen beliebigen Katalog greifen, mit leichter Hand, versteht sich – überall findet man düstere Kammerspiele, kafkaeske Gesellschaftsvisionen und wuchtige Zeitdokumente von drastischer Offenheit, die die Absurditäten der menschlichen Existenz freilegen.
Müde wird der Kopf von alldem, bis der Geist plötzlich wieder erwacht: "Und wieder nutzt der Erzähler sein bewährtes Gefäß (...) als das Gefäß aller Erfahrungen – für Abgründe der Vernunft, für Brückenköpfe zu offenen Horizonten, für die realistisch-antirealistische Doppelnatur des Menschen und den inneren Partisanen in jedem von uns.“ Kein Wort verstanden. Großartig. Verstörend.

Leser-Kommentare: 28 (Stand: 18.11.2011, Auszug)

Meryll
16.08.2011 um 18:43 Uhr
Orientierung
Da ich selber mal ein Praktikum in der PR-Abteilung eines englischen Verlags gemacht habe, kann ich auch sagen, wie das so abläuft. Es werden etliche Ausgaben des baldig erscheinenden Buchs an Journalisten, Blogger und Fernsehredakteure, vor allen Dingen BBC, verschickt, zusammen mit einem Infoblatt zu dem Buch. Deshalb klingen viele Kritiken von Feuilletonisten in der Inhaltsbeschreibung des Buches teilweise ähnlich, da Formulierungen aus der Inhaltsbeschreibung verwendet werden, sind ja schon elegant vorformuliert.
In England sind die Texte auf den Covern eher zurückhaltend, es wird nicht so mit schmierigen Sätzen zum Inhalt und der Sprache um sich geworfen wie in Deutschland. So kam es mir zumindest vor, wobei das natürlich vom jeweiligen Verlag abhängt. (…)

Archetyp
12.08.2011 um 13:55 Uhr
„Und wieder nutzt der Erzähler …“
… sein bewährtes Gesäß und lässt ein Buch oder einen Klappentext unter sich (frei nach einer Kurzrezension von Kurt Tucholsky). Vielleicht sollten Klappentextautoren vor Endredaktion und Druck ihre Werke mit dem Blablameter testen unter http://www.blablameter.de

Christoph Schröder
12.08.2011 um 13:59 Uhr
Blablameter
Lieber Archetyp,
das ist an sich eine gute Idee - allerdings habe ich gestern diesen vor Phrasen nur so strotzenden Text in den Blablameter eingegeben - der bescheinigte mir dafür ein weitgehend bullshitfreies Deutsch. Merkwürdig.
Freundliche Grüße,
C. Schröder

Ich habe mal spaßeshalber eine Leseprobe aus Dieter Bohlens "Der Bohlenweg: Planieren statt Sanieren" (entnommen von amazon.de) im Blablameter eingegeben. Ergebnis: enthält kein Blabla... Der Algorithmus scheint nicht so ganz richtig gewählt zu sein.

GrinnyLittlebum
12.08.2011 um 14:03 Uhr
Klappentext-Alpträume
In der Unterhaltungsliteratur waren die Klappentexte eigentlich immer schon unterirdisch. Ich bin mit Science-Fiction-Literatur aufgewachsen und habe schnell gelernt, dass da ausschließlich 'Meisterwerke' erscheinen und jedes Fließbandprodukt eines Zeilenschinders mindestens SF-Helden wie Dick/Ballard/LeGuin ebenbürtig ist.
Seit einigen Jahren fällt mir außerdem auf, dass das Klappentextblabla mittlerweile schon die Titel erobert hat. SF-Werke heißen dann gern "Sternentanz", obwohl im Buch sich nicht einmal ein Astronaut an einem langsamen Walzer versucht, oder bei den Kollegen aus dem Horror-/Vampirschmonzettenfach heißen Werke "Höllendämmerung" bzw. "Seelenkuss". Ächz. Nach einer allen eingefleischten SF-Fans geläufigen Faustregel (genannt "Sturgeon's Law" - Näheres bei Wikipedia) sind gefühlte 90 % von allem und jedem Scheiße. Wenn ich Titelbeispiele wie die eben von mir erwähnten auf Büchern sehe, ist mir gleich klar: 'Ah, die gehören zur 90-%-Mehrheit. Klappentextlesen unnötig!'

UsH
12.08.2011 um 14:57 Uhr
Halbwertzeit der Sprache
Das, was die Literaten an Wirklichkeit darstellbar machen, das, was greift, wird mit großer Zwangsläufigkeit aufgesaugt, amalgamiert, plagiiert - und dann benutzt, kommerzialisiert, wieder und wieder, bis von der ursprünglichen Bedeutung, die einst die Seele berührte, nichts mehr übrigbleibt. Erst haben wir den Roman verschlungen, dann seine Sprache uns. Und jetzt sind wir ein Teil davon.
In der Privatheit, der Verweigerung, kann ich dem als Autor und als Konsument entgehen: als Autor, indem ich nichts (oder nur wenig) auf die "Erfolgskriterien" gebe, als Konsumer (Leser), indem ich so lange suche, bis ich die Autoren gefunden habe, die sich ebenfalls - wie ich - diesem Zeitgeist verweigern und ihr eigenes machen. (…) Fazit: Wir sind verantwortlich dafür, wo wir hinschauen. (A. Camus) (…)

Paul Ericsson
13.08.2011 um 8:28 Uhr
Es gibt eine Lösung
Gehen Sie zu Ihrem nächsten Buchhändler. Nicht zu Thalia, amazon, etc.
Bei einem guten Sortimentshändler werden Sie gute Bücher finden. Lesen Sie in aller Ruhe ein paar Seiten und entscheiden Sie. Klappentext? Bringt null.

gansklein
13.08.2011 um 15:47 Uhr
Köstlicher Artikel
merci dafür

maxizwo
15.08.2011 um 10:51 Uhr
... nicht phat, cool, geil, stark, dufte... nein:
Hat der Autor der sehr berechtigten Klappentextkritik nicht ein Wort vergessen, das seit ein paar Jahren die Spitze der Mode-Adjektive bei der Beschreibung von jedweder künstlerischer Aktivität anführt? = "spannend".

Christoph Schröder
15.08.2011 um 11:36 Uhr
Sie haben Recht
Die Universalfloskel "spannend" hätte unbedingt noch dazugehört. In den 90er-Jahren wurde immer wahnsinnig viel gebrochen. Das hat sich ein wenig gelegt.

Quelle: http://www.zeit.de/kultur/literatur/2011-08/klappentexte  (Zeit Online, Christoph Schröder, 12.08.2011, Auszug, Stand: 18.11.2011)

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Zwei reife Damen.

Montag, 14. November 2011.
Die Autorin. Schreibgespräche. (5)


Annabelle Chanson nimmt das Handy. Wählt.

Weibliche Stimme: Libeskinnt Marketing Consult P.T., Guten Tag! Ich freue mich über Ihren Anruf, aber leider bin ich derzeit außer Haus unterwegs. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Rufnummer – ich melde mich so bald wie möglich. Vielen Dank.

AC: Bella! Ich bin`s. Bella? Was soll der Scheiß? Geh ran!

Bella (außer Atem): Hallo Anne! Da hast du aber Glück, ich bin gerade …

AC: Kannst du mir bitte erklären, was das soll?

Bella (erstaunt): Das fragst ausgerechnet du?

AC: Wenn ich es wüsste, würde ich kaum fragen!

Bella: Nachdem du mir ja überdeutlich gesagt hast, welche Präferenz du unserer weiteren Zusammenarbeit zumisst, habe ich die Konsequenzen gezogen.

AC: Ach? Und die wären?

Bella: Ich habe dem Verlag gesagt, dass die Kitty-Reihe mit der nächsten Folge zu Ende geht.

AC: Und?

Bella (lacht): Ich stand kurz vor der öffentlichen Hinrichtung.

AC: Gott, jetzt sag schon! Was haben sie wirklich gesagt? Gibt es Spielraum?

Bella: Was für einen Spielraum? Du hast gesagt, es ist Schluss, und nun ist Schluss.

AC: Wie?

Bella: Sag bloß, du hast es dir wieder anders überlegt?

AC: Nein. Eigentlich nicht, nur … Ich hatte schon gehofft, dass man versucht, dich zu überreden, die Autorin zu überreden, vielleicht unter anderen Vorzeichen weiterzumachen. Oder so ähnlich.

Bella: Das einzige, das die noch interessiert hätte, wäre dein Outing gewesen. Dazu warst du nicht bereit.

AC: Die lassen Kitty einfach sterben?

Bella: Äh … du lässt Kitty einfach sterben … Na ja, zugegeben, ich fand die überaus schnelle Akzeptanz dann auch etwas überraschend. (lacht) Hatte zumindest gedacht, dass man mich noch zum Scheiterhaufen führt. Nun ja … Ist anscheinend aber nicht mehr nötig. Offenbar ist bereits ein passender Ersatz gefunden.

AC: Das ist ja wohl ein Witz, oder? Kitty ist eine am Markt eingeführte Serie, die kann man nicht einfach durch eine andere ersetzen!

Bella: Ich habe gehört, dass die Verkaufszahlen des neuen Bandes nicht so gut sind, wie man es erwartet hatte, und auch die Kritiken fallen nicht so einhellig aus wie bisher. Schon jetzt kommen die ersten Remittenden zurück. Also, wenn du mich fragst: Man war nicht halb so geschockt, wie ich es erwartet hatte.

AC (schweigt)

Bella: Ach, Anne! Mir tut es wirklich leid, dass das Projekt so aus dem Ruder gelaufen ist. Wir zwei alten Hühner hätten es wirklich besser wissen müssen!

AC: Und deine Stelle?

Bella: Hat sich erst mal erledigt. Die neue Serie wird von einer festen Verlagslektorin betreut. Die sitzt direkt im Haus und hat den Daumen auf dem Nagel der diversen Planungsbedürfnisse. Oder so. Man hat mir aber generös angeboten, weiter als Freie zu arbeiten, für Einzelprojekte. Auf Abruf. (kleine Pause) Aber vielleicht muss ich das nicht mehr allzu lange.

AC: Was hast du vor?

Bella (lacht): Stell dir vor: Ich habe Armin wiedergetroffen!

AC: Den Armin?

Bella: Jupp! Der ist inzwischen ein richtig großes Tier geworden.

AC: Ein Tier war der schon immer.

Bella: Hat unzählige Leute unter sich. Und die brauchen dringend eine Corporate Identity.

AC: Du hast mal gesagt, dass dich die ganze Werbebranche ankotzt und dass du lieber Müllkutscher wirst als dir das noch mal anzutun.

Bella: Ich kann völlig frei arbeiten, und so viel Kohle wie der mir angeboten hat, dafür müsste ich noch zehn Bände Kitty lektorieren. Mindestens.

AC: Ausgerechnet Armin.

Bella: Ich hoffe nur, dass er keinen der Kitty-Romane gelesen hat.

AC (seufzt): Was ist nur aus uns geworden.

Bella (lacht): Zwei reife Damen, die einsehen, dass man Geld verdienen muss, wenn man überleben will. Wobei du dank deines Zweitgatten womöglich auch ganz gut ohne die Schriftstellerei überleben könntest.

AC: Das ist der Grund, warum ich keine Kittys mehr schreibe.

Bella: Verrätst du mir endlich, wer die Neue ist bei Euch?

AC: Ich darf´s nicht sagen. Viel Glück mit deiner Firma.

Bella: Tja dann …

AC (erstaunt): Was dann?

Bella: Wie sagtest du so schön? Was ist nur aus uns geworden. Viel Glück mit deiner neuen Krimi-Reihe.

AC: Bella, ich … (starrt ihr Handy an. Flucht. Wählt.)

Weibliche Stimme: Libeskinnt Marketing Consult P.T., Guten Tag! Ich freue mich über Ihren Anruf, aber leider bin ich derzeit außer Haus unterwegs. Bitte hinterlassen Sie ...

Montag, 12. Dezember 2011

Nicht dein Ernst.

Freitag, 4. November 2011.
Die Autorin. Schreibgespräche. (4)


Smoke on the water …
Annabelle Chanson (sucht das Handy): Verdammt!
Smoke on the water … Smoke on the … Die Melodie verstummt.
A.C. zieht das Handy unter einem Stapel Papier hervor. Schaut aufs Display. Drückt eine Taste.

AC: Du hast mich gerade angerufen?

Bella: Ja. Wir müssen dringend reden.

AC: Ich bin am Schreiben.

Bella: Ah – ein neuer Kitty?

AC: Nein.

Bella: Die löchern mich jeden Tag! Du kannst dir nicht vorstellen, was das für ein Ameisenhaufen ist, seit sie erfahren haben, dass dein Verlag …

AC: Wir hatten vor der Messe abgemacht, eine kreative Pause einzulegen.

Bella: Aber doch nicht ausgerechnet jetzt!

AC: Wann dann?

Bella: Bitte, Anne. Du weißt doch, was auf dem Spiel steht!

AC: Nö.

Bella: Dein Vertrag endet nach dem nächsten Band.

AC: Das trifft sich gut.

Bella: Was soll das heißen?

AC: Dass es genau noch einen einzigen Band mit Kitty geben wird. Und den liefere ich ab, wie`s im Vertrag steht.

Bella: Das ist nicht dein Ernst.

AC: Das ist mein voller Ernst! Viele Grüße an den Verlag – und tschüss.

Legt auf. Schaut das Handy an. Lacht. Tanzt durchs Zimmer.
Adieu, Kitty! Dumme Nuss! Ich konnte dich ab dem zweiten Band schon nicht mehr ausstehen!

Smoke on the water …
Annabelle Chanson sieht aufs Display, schüttelt den Kopf und legt das klingelnde Handy vor die Tür. Geht zurück an den Schreibtisch. Schaut auf den Monitor. Lächelt.

Samstag, 10. Dezember 2011

Nicht zum Schreiben zwingen.

Donnerstag, 3. November 2011.
Die Autorin. Verlagsgespräche. (4)


Reiheneckhaus. Dachgeschoss.
Smoke on the water …
Annabelle Chanson nimmt ab.


Lektorin: Guten Morgen, Anne. Vielen Dank für die Rücksendung des Vertragsentwurfs. Was die Anpassung Ihrer Honorarvorstellungen angeht: Nun, ich kann Ihnen die frohe Nachricht übermitteln, dass der Verlag einverstanden ist. Allerdings hat uns die Streichung der Mehrbuch-Passage überrascht.

AC: Hm.

Lektorin: Ihre Gründe sind nicht nachvollziehbar.

AC: Ich habe keine Gründe genannt.

Lektorin: Eben.

AC: Wenn man glaubt, ich hegte den Gedanken, nach einem Erfolg abzuwandern, kann ich die Gemüter insoweit beruhigen, dass ich Derartiges grundsätzlich nicht beabsichtige.

Lektorin: Grundsätzlich heißt?

AC: Ich möchte die Option haben, mit dem Projekt aufzuhören, wenn ich der Meinung sein sollte, dass das besser für mich wäre.

Lektorin: Das wird man nicht gern hören. Und ich möchte Ihnen nicht verschweigen, dass die eingangs erwähnte Akzeptanz Ihrer Forderungen an die Bedingung geknüpft ist, dass Sie sich bereiterklären, fünf Manuskripte innerhalb von drei Jahren zu liefern. Schließlich soll das eine Serie werden.

AC: Ich habe mein Angebot gemacht. Im Übrigen stehen ja noch drei Manuskripte für die Leidenschaften aus.

Lektorin: Man ist bereit, Ihnen diesbezüglich mit den Abgabefristen so weit wie möglich entgegenzukommen.

AC (lacht): Sie können mich sowieso nicht zum Schreiben zwingen.

Lektorin: Könnten wir uns wenigstens auf drei Manuskripte einigen?

AC: Zwei.

Lektorin: Wenn Sie wegen des Honorars ...

AC: Zwei. Das ist mein letztes Wort.

Lektorin: Ich versuch`s.

Zwei Stunden später.
Smoke on the water …
(Annabelle Chanson nimmt ab. Hört zu. Lächelt):
Das freut mich. Ja, ich schicke die fertigen Kapitel so bald wie möglich zu. Einen schönen Tag noch. Ja. Ihnen auch.