Montag, 2. April 2012

Warum der Thoni-Verlag keine Bücher verlegt.

Noch (k)eine Erklärung?!

Dieses Projekt wurde geplant, wie Geschichten geplant werden müssen, und doch ganz anders erzählt. Der Beginn im September 2011 entsprang einer persönlichen Erfahrung und war willkürlich gewählt, das Ende am ersten April 2012 natürlich nicht. Das Dilemma, eine „richtige“ Geschichte im Netz zu erzählen, offenbarte sich gleich zu Beginn: Wie soll man bitte einen Spannungsbogen aufbauen, wenn die Leser das Ende in diesen vermaledeiten Blogs immer zuerst serviert bekommen? Wie sollten Zusammenhänge und sorgsam gesetzte Hints verstanden werden, wenn die Wenigsten die Geduld aufbringen würden, vorn anzufangen und hinten aufzuhören, wie man es bei einem Buch nun mal tut, zumal die Inhalte ja so hübsch zusammengetaggt und themenverlabelt sind? Vielleicht lag hier aber auch der größte Denkfehler in diesem Projekt: Die Annahme, dass überhaupt Leser kommen würden, und nicht User, die sich von Häppchen ernähren auf ihren ziellosen Wegen durchs Netz?

Die Buchbranche befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Die Stimmungen reichen von Euphorie und der Ignoranz eines „Jetzt erst recht und weiter so!“ bis hin zu schierer Angst und der Befürchtung, durch die unausweichlichen Veränderungen hin zum „e“ mitsamt allen Werten, die so lange als wichtig und richtig gehegt, gepflegt und gelebt wurden, vom Zeitgeist weggespült zu werden. Es betrifft alle: Verlage und Lektoren, Buchhandlungen, Autoren – und natürlich vor allem auch die Leser. Wo der Weg hinführen wird, weiß derzeit niemand. Es gibt Prognosen, keine Antworten.

Nur eines ist gewiss: Alle diese Dinge betreffen Menschen. Die einen werden profitieren, andere werden verlieren, viele werden scheitern, persönlich oder ökonomisch die Konsequenzen ziehen. Es wird Freude geben, Wut, Trotz und Trauer, Verzweiflung, Resignation – und Hoffnung. Fantasie wird gefragt sein, Kreativität, Neugier, die Lust auf Neues. Und daraus wird wieder Freude werden über das, was entsteht. Vielleicht auch stille Genugtuung der „Gestrigen“ über das Alte, das mitgenommen werden kann, um von der Moderne schon bald gepriesen zu werden als gut und endlich richtig.

Es ist eine aufregende Zeit, die zu dokumentieren sich lohnt. Das Projekt „Thoni. Der Verlag ohne Bücher“ wollte die so zahlreich zitierten Artikel, Analysen und Kommentare nicht erklären, nicht rechtfertigen, nicht gutheißen, nicht schlechtreden. Die Idee war, diesem Umbruch ein Gesicht zu geben, mitgeteilte Sachverhalte menschlich zu machen, sie mit verschiedenen Stimmen, aus unterschiedlichen Perspektiven, zu erzählen. Vielleicht, so die Hoffnung, hilft ein Verlag ohne Bücher zu verstehen, warum gute Bücher und gute Geschichten im Zeitalter des WWW nicht überflüssig geworden sind.

Das Projekt wurde am 1. April 2012 beendet, die Geschichte nicht. Um es frei mit Hermann Hesse zu formulieren: Jedem Ende wohnt der Zauber eines Anfangs inne. Wenn Sie also möchten, erzählen Sie die Geschichte weiter, verlinken, posten, zitieren Sie – aber tun Sie es mit Stil und der Überzeugung, dass es selbst einem Verdurstenden guttut zu wissen, aus welcher Quelle er schöpft:


Natürlich gibt es das Projekt auch auf Facebook. Derry, Berti & Co freuen sich über alle, die den verrückten Thoni-Verlag mögen, oder neudeutsch: „liken“:


gez.
E.

PS: Das Rote Buch steht natürlich nur stellvertretend für viele andere Bücher, bei denen sich Inhalt und Form aufs beste verbinden. Aber es ist ein so überaus gelungenes Beispiel, dass es an dieser Stelle gerne weiterempfohlen wird:

http://www.amazon.de/Die-souver%C3%A4ne-Leserin-Alan-Bennett/dp/3803112540/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1333378554&sr=8-1

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