Sonntag, 27. November 2011

Wirklich ungünstig.

Mittwoch, 2. November 2011.
Die Autorin. Schreibgespräche. (1)


Reihenendhaus, Dachstube.
Annabelle Chanson sitzt am Schreibtisch, Telefon in der Hand. Wählt.


Männliche Stimme: Kommissariat 11, Kaufmann, guten Tag.

AC: Hallo, Werner.

Werner: Oh, Anne. Entschuldige bitte, aber …

AC: Ich habe nur eine Frage und bitte um eine ehrliche Antwort: Hast du mein letztes Manuskript gelesen?

Werner: Es ist im Moment wirklich ungünstig, weil …

AC: Ja oder nein?

Werner: Nun ja, sozusagen … fast.

AC: Und was soll das bitte übersetzt heißen?

Werner: Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich innerhalb von drei Tagen fünfhundert Seiten korrigiere!

AC: Vierhundervierzig.

Werner: Ich hab noch was anderes zu tun!

AC: Du hast gesagt, es sei kein Problem.

Werner: Du solltest nun wirklich langsam wissen, dass ich einen Beruf habe, in dem sich die Dinge von einer Stunde auf die andere ändern können! Wir hatten ein Tötungsdelikt, und ich war das ganze Wochenende im Dienst! Und heute haben wir auch wieder eins, und deshalb …

AC: Warum hast du mir das nicht gesagt?

Werner (murmelt): Na, auf die Antwort wär ich aber gespannt gewesen.

AC: Was hast du gesagt?

Werner: Tut mir leid, ich hab`s eben nicht geschafft. Und das meiste hab ich ja gelesen! Und jetzt muss ich Schluss machen, weil …

AC: Ach? Und da ist dir nicht aufgefallen, dass man bei einer verfaulten Leiche keine Leichenflecken wegdrücken kann?

Werner (lacht): Offenbar weißt du das auch ohne mich.

AC: Ich finde das NICHT witzig!

Werner: Tut mir leid, Anne. Ich muss wirklich …

AC: Du wirst doch wohl noch die drei Minuten Zeit haben, mich zu Ende anzuhören!

Werner: Nein.

AC: Das … Werner? Werner!
(drückt wütend das Telefon aus und feuert es in die Ecke. Besinnt sich anders, holt es heraus, wählt.)

Weibliche Stimme: Elisabeth Libeskinnt, guten Tag. Was kann ich für Sie tun?

(Forts. folgt …)

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