Montag, 28. November 2011

Wirklich ungünstig. (Forts. 1)

Mittwoch, 2. November 2011.
Die Autorin. Schreibgespräche. (2)





AC: Bella? Was ist das denn für eine förmliche Ansage neuerdings!

Bella: Sorry, aber ich habe nicht gesehen, dass du es bist.

AC: Sag mal, wer hat eigentlich das Korrektorat beim letzten Kitty-Band gemacht?

Bella: Soweit ich weiß, auch eine Freie. Warum?

AC: Weil`s grottig ist!

Bella: Oh.

AC: Ich dachte, du schaust noch mal drüber!

Bella: Nein, ging diesmal leider nicht. Aber wenn es so arg war: Hättest du es nicht merken müssen, als du die Druckfahnen bekommen hast?

AC: Da verlässt man sich einmal darauf, dass es okay ist, und dann das!

Bella: Es tut mir leid.

AC: Was denken die sich? Es ist schließlich kein Ruhmesblatt für einen Verlag, wenn sich Leser reihenweise über das miese Lektorat und die vorgeblich unprofessionelle Autorin aufregen, die einfachste Dinge nicht recherchiert hat!

Bella: Apropos Verlag: Ich wollte ohnehin mit dir sprechen.

AC: Sag`s.

Bella: Du hast die Präsentation auf der Messe ja gesehen. Der Verlag meint, die Masche mit der geheimnisvollen Anonyma trägt nicht mehr. Sie möchten, dass du Lesungen und sonstige Veranstaltungen durchführst. Wenn du mich fragst: Der Überraschungseffekt würde sicher ordentlich punkten.

AC: Eine Histo-Liebesromanverfasserin, die plötzlich Provinzkrimis dichtet? Das geht ja gar nicht.

Bella: Das Pseudonym sollst du selbstverständlich behalten. Erstens haben sich die Leute dran gewöhnt, und zweitens bist du nicht die Erste, die unter verschiedenen Namen unterschiedliche Genres bedient.

AC: Und wenn ich keine Lust auf Persönlichkeitsspaltung habe?

Bella (lacht): Du bist doch schon gespalten, meine Liebe. Nur weiß es keiner.

AC: Es wäre mir auch sehr recht, es bliebe so.

Bella: Warum willst du dich nicht zu Kitty bekennen?

AC: Vielleicht, weil ich sie inzwischen nicht mehr sonderlich mag?

Bella: Also, bitte! Erinnere dich doch mal daran, wie viel Spaß wir hatten, als wir uns das Ding ausgedacht haben!

AC (lacht): Die aufstrebende, vom Schmonzetten-Einheitsbrei gelangweilte Autorin und die von der Jobsuche frustrierte Lektorin kreieren ihren Wunschplot – wie sollte ich das vergessen haben? (wird ernst) Auch wenn es herzlich wenig geholfen hat, unsere Situation zu verbessern.

Bella: Jetzt bist du aber ungerecht! Kitty verkauft sich wie geschnitten Brot.

AC: Das tun die Leidenschaften auch, ohne dass ich dafür Mätzchen mache.

Bella: Ich finde das Konzept nach wie vor unschlagbar. Und dass andere Verlage nachziehen, spricht doch nur für uns und die gute Idee. (lacht) Stell dir vor: Sogar dein Verlag will jetzt auf den Zug aufspringen! Ist das nicht zum Brüllen, nachdem sie damals deine Idee abgeschmettert haben?

AC: Woher weißt du das schon wieder?

Bella: Dass deine verrückte Kommissarin einfach den Namen und ihren Wohnort wechselt und anderswo erfolgreich Morde aufklärt, hätten sie sich wohl nicht träumen lassen.

AC: Was du von den Absichten meines Verlags weißt, wollte ich wissen!

Bella: Das bleibt aber unter uns!

AC: Versprochen.

Bella: Dein Verlag will Kitty Konkurrenz machen! Wie ich hörte, gehen sie im kommenden Jahr gleich mit zwei Bänden an den Start, der erste zur Messe Leipzig, der zweite pünktlich zur Urlaubslesezeit im Sommer. Angeblich eine bekannte Autorin, die unter Pseudonym schreibt. Genau wie du! Dass ist ja auch der Grund, warum der Verlag plötzlich so drängt, dich zum Outing zu überreden.

AC: Ich glaub`s nicht.

Bella: Deinem Verlag geschähe es ganz recht! Die hatten schließlich zuerst die Chance und haben sie nicht genutzt!

AC: Meine Leserinnen mögen keine Krimis.

Bella: Wart`s ab.

AC: Nein.

Bella: Was?

AC: Nichts.

Bella: Überleg`s dir.

AC: Bestimmt nicht.

Bella (verschnupft): Sag mal, denkst du eigentlich auch mal an mich?

AC: Hat man dir eine feste Stelle avisiert, wenn du die störrische Autorin bekehrst?

Bella: Wir würden beide davon profitieren. Und ich könnte mehr Druck machen, was das Korrektorat angeht.

AC: Ganz ehrlich: Ich hatte gehofft, dass es bei Euch besser läuft als in meinem Hausverlag. Aber es ist ja noch schlimmer! Nicht mal für ein Buch, das sich verkauft wie warme Semmeln, leistet man sich Fachpersonal! Was, bitte, habe ich zu erwarten, wenn die Auflagenzahlen sinken?

Bella: Weißt du, wie eng mein Terminkalender ist? Ich habe nicht die Zeit …

AC: Das zu tun, was deine ureigene Aufgabe ist? Dann lass es.

Bella: Ach, Anne. Was ist nur aus uns geworden?

AC: Das frage ich mich auch. Tschüss. (legt auf, ohne die Antwort abzuwarten. Wählt, hält das Handy ans Ohr)

Männliche Stimme: Kommissariat 11, Kaufmann, guten Tag!

(Forts. folgt …)

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